Donnerstag, 26. September 2013

Zurück im Alltag

Alltag ist lediglich ein Durchschnitt aus Geschehnissen. 

Daniel Goral

Zurück aus Frankreich schaute ich aus meinem Wohnzimmerfenster. Hunderte Leute wuselten die Fußgängerzone hinunter und strömten in die Straßenbahn. Die Regentropfen prasselten gegen die Scheibe und ich machte die Augen zu und dachte an die Sonne, welche mir noch vorige Woche an der Cote d´Azur ins Gesicht schien.

Kaum zurück in der Stadt, musste ich feststellen, dass mich das Fernweh erneut packte. Angeln zu gehen kam nicht in Frage, denn ich wollte wieder etwas Abstand bekommen. Ich liebe zwar die intensiven Zeiten am Wasser, so wie ich sie auch am Cassien erleben durfte, dennoch tut es gut auch aus anderen Kanälen Kraft tanken zu können. So beschloss ich mit Anna und einer handvoll guter Freunde ein paar Tage mit unseren VW Bussen zu verreisen. Das Wetter machte uns die Entscheidung einfach und so starteten wir in den Süden. Das Sulmtal, die Provence Österreichs, lockte mit Wein und Kulinarik.



Die Tage vergingen zu schnell, viel zu schnell. Kaum versah ich mich, war ich schon wieder im grauen Wien. Die Stadt wirkte trist, da man merkte, dass die kalte Jahreszeit Einzug hielt. Ich versuchte noch so viel Sonne wie möglich zu bekommen und machte einige Ausflüge in die umliegenden Naturgebiete Wiens. Schließlich wollten Anna und ich die letzten freien Tage nutzen bevor der Uni-Alltag wieder beginnen sollte. Wir kamen an einem Teich vorbei und ich konnte meinen Augen nicht trauen. Karpfen in teils monströsen Ausmaßen standen nahe der Wasseroberfläche und warteten nur gierig darauf Spaziergängern etwas Brot abzuluchsen. Dass Angeln verboten war, brauche ich an dieser Stelle wohl nicht mehr zu erwähnen. 


Nach diesem Anblick war mein Feuer wieder geschürt. Ich musste dringend ans Wasser und schon war der nächste Overnighter in Reichweite. Mit Arnold Pap an meiner Seite saß ich nun wieder auf meinem liebsten Platz. Es war schon über 3 Wochen her, dass ich wieder am Wasser war und ich genoss jede Sekunde. 


Es ist wunderbar an fremden Gewässern zu angeln und Neues auszuprobieren. Doch es ist immer wieder schön in den Alltag zurückzukehren. Jeder Handgriff sitzt und wurde schon unzählige Male durchgeführt. Ein Gefühl der Vertrautheit stellt sich ein und gibt Sicherheit im Handeln. Am Nachmittag statteten mir Sebastian Thell und Florian Wurzer noch einen Besuch ab und die Zeit verging wie im Flug.


Schön langsam verabschiedete sich die Sonne hinter den Häusern und ließ uns in den Lichtern der Stadt zurück. Als ich die zwei Besucher wieder mit dem Boot in der Zivilisation ablieferte, kam Stefan, ein Studienkollege, auf einen Sprung vorbei. Wir kochten Tee, tranken Wein und ließen es uns gut gehen. 


Wir plauderten über die Missstände der Gesellschaft, die Gründe warum man manchmal aus ihr flüchten möchte und ich versuchte dabei Stefan die Absurdität des Karpfenangelns näher zu bringen. Von außen betrachtet, ist es einfach schwer verständlich so viel Zeit und Energie in den Fang von Fischen zu stecken. 

Während unserer interessanten Diskussionen stellten sich auch die ersten Karpfen ein. Arnold konnte zwei stramme Schuppis überlisten und ich freute mich über einen hochrückigen Spiegelkarpfen.


Mein Studienkollege war wieder in seinem trauten Heim und ich atmete noch immer die kalte Nachtluft ein und blickte auf die glatte Oberfläche des Wassers. Die mich überkommende Ruhe und der warme Schlafsack trugen dazu bei, dass ich in einen tiefen Schlaf fiel. 

Plötzlich hörte ich ein Klopfen auf meinem Aluboot. Als ich die Augen öffnete, es war bereits früh am Morgen, sah ich Franz, einen Angelkollegen. Er sagte nur zu mir, dass ich weiterschlafen solle. Schlaftrunken rollte ich mich wieder auf die Seite und befolgte seine Worte. 

Als mein Wecker läutete wusste ich nicht mehr was im Morgengrauen geschehen war. Ist Franz auf meinem Swim gewesen, habe ich das alles nur geträumt? Ich konnte mich beim besten Willen nicht genau erinnern. Als ich aufstand und in mein Boot sah, stand dort ein kleine Tasche mit frischem Gebäck und einer Ausgabe der heutigen Zeitung. Ein außerordentlich feiner Zug von ihm! 

Dankbar biss ich in das resche Plundergebäck und war froh wieder hier zu sein. Hier, auf meinem Swim an meinem Hausgewässer. Hier, im Alltag und der grauen Stadt. 

Dienstag, 3. September 2013

Gegenwart

Vergangenheit und Zukunft gibt es nicht, es gibt nur eine unendlich kleine Gegenwart. In dieser eben vollzieht sich das Leben. - Lew Tolstoi

Und da bringt es Herr Tolstoi wieder einmal genau auf den Punkt! Viele Situationen in denen wir uns befinden, machen uns das klar. Man schwelgt in Vergangenem, wird aber immer wieder in das Jetzt zurückgeholt. Denkt an die Zukunft, muss aber zuerst die Gegenwart meistern. Die letzten Tage und Wochen waren voll mit Momenten in denen man das Leben spürte. Endorphine schossen durch meinen Körper und mir war klar, dass ich das Richtige tat. Ich konnte einen neuen PB auf die Matte legen und war platt von der Schönheit und Macht die von diesem Tier ausging. Mehr von der Fangstory wird in einer der nächsten "Carp in Focus" Ausgaben nachzulesen sein.



Ich bekam aber auch die Kehrseite der Medaille zu spüren. An nur einem Abend passierten so ziemlich alle Dinge, die man sich als Karpfenangler nicht wünscht. Am Weg zum Wasser steckte ich mit dem Auto im knietiefen Schlamm und brauchte eine gefühlte Ewigkeit um den PKW wieder frei zu bekommen. Brassen attackierten meinen Platz und als sie weg waren, wurde eine Karausche nach der anderen gedrillt. Eine meiner Ruten und ein Hanger sind gebrochen. Besser ich beschreibe den Hergang wie dies geschah nicht näher. Manchmal führt man sich auf, als ob man das erste Mal angeln wäre. Zum Glück konnte ich mein Leid mit Patrick Wanhal teilen. Übrigens rutschte er am Weg zu seinen Ruten auf einer Steinpackung aus und hatte echtes Glück sich nicht gröber verletzt zu haben. Zu guter Letzt wurden wir die ganze Nacht von einer Horde Gelsen gequält. Naja, was macht man nicht alles um einen unserer geliebten Schuppenträger in den Händen zu halten. Und so war es dann auch. Als Rettung der Session konnte ich einen tollen Fisch fangen, welcher während des Drills wirklich alles gab!


Extremsituationen wie diese machen uns immer wieder klar, dass wir Menschen sind. Menschen mit Gefühlen und externen Faktoren die diese beeinflussen. Die Achterbahn "Angeln" treibt uns manchmal in den Wahnsinn, kann uns aber auch atemberaubende Augenblicke schenken. Die Gegenwart ist es in der wir leben und angeln.

Nach der Session mit Patrick, welche uns wirklich alles abverlangte, entschied ich mich gleich wieder ans Wasser zu fahren! Ich halte es für eine schlechte Idee mit mieser Laune das Angeln zu beenden und mit einem schlechten Karma, falls es sowas geben sollte, nach Hause zu fahren. An meinem Hausgewässer angekommen, baute ich schnurstracks mein Camp auf und beförderte in eingeübter Manier die Montagen in die Krautlöcher. In der darauffolgenden Nacht konnte ich einige schöne Fische überlisten. Besonders ein paar kleine, hübsche Spiegelkarpfen zauberten mir ein Lächeln ins Gesicht.



Das Leben ist einfach schön und wir sollten es genießen! Nicht nur von tollen Momenten der Vergangenheit zehren oder von Zukünftigen träumen. Nein, das Leben findet jetzt statt und bietet uns so viel Schönes! Ich möchte diesen Blogeintrag mit einem Zitat des großen Rod Hutchinson beenden. Dieser soll uns klar machen, dass wir mit offenen Augen durchs Leben gehen sollten und dabei die kleinen Dinge, welche das Leben lebenswert machen, nicht aus den Augen verlieren dürfen!

Don´t forget the flowers along the way. - R. Hutchinson