Sonntag, 9. März 2014

NO FIGHT, NO GLORY!

“Nicht so vieles Federlesen!
Laß mich immer nur herein;
Denn ich bin ein Mensch gewesen,
Und das heißt ein Kämpfer sein.” - J.W. von Goethe

Andreas, mein Angelkollege, sagte mir ich solle doch bei meinem Blogeintrag über Zahnseide schreiben. Denn das käme meinem Erlebnis am nächsten. Doch immer der Reihe nach.

Alles begann mit einem Zeitfenster von zwei Tagen, welches sich durch einen glücklich gestalteten Stundenplan an der Uni ergab. Die Sonne schien und draußen wirkte es so, als ob der Frühling seine ersten Boten losschickte um uns einen Motivationsschub zu verpassen. Ich schleppte mein komprimiertes Tackle durch das schmale Stiegenhaus ins Auto und merkte, dass drei Schichten Gewand heute wohl zu viel des Guten waren. Am Wasser angekommen, wollte ich erst gar nicht mit dem Aufbauen beginnen und genoss erstmal die Sonne. Ich machte es mir auf dem Steg gemütlich und beobachtete das Wasser. Unglaublich viel Kraut war am Gewässerboden aufzufinden.



Die milden Temperaturen ließen es heuer nicht zu, eine bedrückende Eisdecke entstehen zu lassen. Somit wurde das Kraut nie wirklich in seine Schranken gewiesen und konnte die Wucherung dort fortsetzen, wo sie im Herbst aufgehört hatte. Wenn überhaupt. Nachdem ich mein kleines Schlauchboot aufgepumpt hatte, ging es auf Erkundungstour. Ich ließ mich von den Wellen über die Krautbänke treiben und versuchte den einen oder anderen Flossenträger zu erspähen. Doch das Wasser schien wie tot zu sein. Nicht ein Fisch ließ sich blicken. Doch immerhin fand ich einige krautfreie stellen, welche ich spärlich anfütterte. Oft lässt man sich bei den ersten Frühlingsstrahlen dazu verleiten Unmengen an Futter zu versenken, obwohl unter der Oberfläche meist noch Winter herrscht.


Zurück am Ufer stieß auch Andreas dazu, welcher die kommenden zwei Nächte mit mir angeln sollte. Die Sonne verzog sich langsam und mit ihr auch die Wärme. Innerhalb kürzester Zeit fiel das Thermometer um einige Grade. Der Power Stove ging seiner Arbeit nach und zauberte uns ein feines Menü, als sich ein Bissanzeiger zu Wort meldete. Ein Vollrun wie aus dem Bilderbuche, ließ mich den Hunger schnell vergessen. Ich nahm die Rute auf und baute Kontakt zum Fisch auf. „Fu** er steckt im Kraut“, waren meine Worte bevor Andreas mir den Kescher ins Schlauchboot legte. Das ist Teamwork! Ich pumpte mich zum Fisch und der Wind tat sein Übriges um Strecke zu machen. Doch plötzlich blockierte meine Rolle. Ein schneller Blick ließ im Schein der Stirnlampe erkennen, dass wohl einige Schnurwindungen von der Rolle gesprungen waren, welche Kurbelumdrehungen unmöglich machten. Wie konnte das nur passieren? Und das beim ersten Run des Jahres an meinem Hausgewässer. Ich versuchte Ruhe zu bewahren und das Schnurchaos zu lösen.


Doch die Wellen ließen mich immer näher zum Fisch treiben, welcher noch immer im dichten Kraut steckte. Kurz bevor ich über dem Fisch war, entschied ich mich dazu den Fisch direkt an der Leine auszudrillen. Ich legte die Rute aus der Hand und zog so viel Schnur wie möglich von der Rolle. Gleichzeitig versuchte ich mit der anderen Hand Spannung aufzubauen. Das gelang mir relativ gut, doch der Wind trug mich über den Fisch und die Distanz zu meinem Gegenüber wurde immer weiter. Um ein Ausschlitzen zu vermeiden, musste ich gegen die Wellen Rudern. Doch irgendwie musste ich auch die Spannung zum Fisch beibehalten. Kurzerhand entschloss ich mich dazu, die 0,40er Mono in den Mund zu nehmen, um sie so irgendwie festzuhalten. So hatte ich kurz Zeit um zwei Ruderschläge zu machen. Danach nahm ich die Schnur wieder in die Hände und regulierte die Spannung. Nach einigen anstrengenden Minuten befreite sich der Fisch selbst und zog im Mittelwasser übers Kraut. Natürlich geschah das genau in dem Augenblick, als die Mono zwischen meinen Lippen verweilte. Das Material schnitt sich in meine Mundwinkel und ein Schmerz schoss durch meinen Körper. Wenigstens war der Fisch nun frei und ich konnte ihn per Hand weiterdrillen. Das Licht von Andreas´ Stirnlampe war schon ziemlich weit entfernt und das Wasser schwappte bei jeder stärkeren Bewegung über den dünnen Schlauch des Bootes. Nach über 20 Minuten konnte ich den Fisch schlussendlich über den Kescher führen. Doch der anstrengendste Part stand noch bevor. Ich musste einige hundert Meter zurückrudern. Der Fisch außen im Kescher und das gegen den Wind. Komplett nass und erledigt kam ich nach einer gefühlten Ewigkeit am Ufer an. Erst dann wurden mir die Ausmaße des Fisches richtig bewusst. Ich war überwältigt! Nachdem wir den Fisch schonend zurücksetzten, scherzte Andreas, dass ich froh sein solle. Das bisschen Schnur im Mund sei das allemal wert gewesen. Schließlich würde ich ja auch Zahnseide verwenden…


Doch er hatte Recht. Es zahlte sich aus! No Fight, no Glory!


Cheers, Johannes

Staggarden Pool

Eigentlich war es ja ganz anders geplant. Vor einigen Wochen wurde ein Termin mit Patrick Wanhal fixiert, um an einer kleinen Schottergrube unser Glück zu versuchen. Am Abend bevor unsere gemeinsame Februarsession starten sollte, kam die Ernüchterung. Patrick konnte den Teichbesitzer nicht erreichen und somit war unser Plan Geschichte. Wir zermarterten uns den Kopf, wo wir um diese Jahreszeit nur hingehen könnten, doch keines der zur Auswahl stehenden Gewässer sprach uns beide an. Wir diskutierten so lange, bis wir zum Entschluss kamen, dass es wohl dieses mal nicht sein sollte, dass wir gemeinsam ans Wasser gehen. Egal, kann man nicht ändern. Ich wollte die Sache schon abblasen und mir einen gemütlichen Tag zu Hause machen. Doch ich saß auf Nadeln. Draußen hatte es Plusgrade und die letzten zwei Blanks saßen mir noch tief im Nacken.

Kurz ein Herz gefasst und das Tackle zusammengepackt. Es sollte an einen kleinen, verwinkelten Waldteich gehen. Ich kannte das Gewässer schon von früheren Sessions und ich wusste um den bunten Bestand an Fischen bescheid. Etliche kleine Karpfen, Schleien, Rotaugen und Brassen. Es handelte sich um ein kleines Naturjuwel mit englischem Charme. Monsterfische waren keine zu erwarten, doch für ein Dayticket war es nahezu perfekt. Man muss doch nicht immer den ganz großen hinterherjagen. Vor allem nicht im Februar. Dementsprechend gestaltete sich auch meine Tacklewahl. Ein Rucksack, die kleine Eco Mat von Trakker, Ruten und Kescher landeten in meinem Bus.

An den Ufern des Teiches angekommen, wurde ich sofort in einen magischen Bann gezogen. Buntes Laub am Boden, Schneereste im Schatten der Bäume und viele Buchten, deren Ufer mit einer alten Moosschicht bedeckt waren. Ich fühlte mich zurückversetzt in meine unbeschwerte Kindheit. Mit leichtem Tackle bewaffnet, kleinen makellosen Fischen nachstellen. Ach wie schön! Ich setzte mich auf eine feuchte Bank an einer Halbinsel und begann, alles fertig zu machen. Kurze Combirigs mit kleinen Kontinental Haken, gebunden im KD-Style, geschmückt mit kleinen Ködern sollten Erfolg bringen. Ich stopfte meine Solid Bags und beobachtete durch einen Nebelschleier die Wasseroberfläche. Ich montierte zehn fertige Rigs, welche sorgfältig in die Bags drapiert wurden. Ich wollte nach Fischaktivitäten Ausschau halten und Flossenträger gezielt anwerfen. Um schnell „nachladen“ zu können, wollte ich sicherheitshalber Reserve haben. 


Es vergingen einige Stunden in denen ich mehrmals kleinste Blasenteppiche anwarf. Ohne Erfolg. Plötzlich ein Biss an der freien Leine und die Monofile glitt durch meine Finger. Ich stoppte den Kontrahenten umgehend und stellte schnell fest, dass es sich um eine feiste Brasse handelte, die meinem in Goo gesoakten Köder nicht wiederstehen konnte. 


Ich war seit langer Zeit wieder einmal happy über solch einen Gesellen. Schließlich fischte ich mit kleinen Ködern und ging das Risiko von Beifängen ein. Mir war das kurzweilige Angeln wichtiger als die Selektion. Die Brassendame zurückgesetzt, lag die Montage auch schon wieder am selben Spot. Keine fünf Minuten später wieder ein Biss. Diesmal spürte ich hektische Kopfschläge und vermutete, dass es sich um einen Karpfen handeln würde. Nach einem kurzen Drill lag er dann auch schon in den Keschermaschen. Yes, ich war total glücklich über den kleinen Knirps. Der erste Fisch des Jahres und dann auch noch beim Stalken.



 Ein hammermäßiges Gefühl. So ging es kontinuierlich weiter. In der Dämmerung konnte ich fünf Fische fangen, der schwerste hatte wohl 3 Kilo. Doch um Gewichte ging es dabei nicht. Zeitgleich zum Stalken fütterte ich in regelmäßigen Abständen einen kleinen Spot mit Kleinstfuttermengen. Dort landeten auch nach dem Sonnenuntergang meine Montagen. 


Zufrieden trank ich einen heißen Tee und klingelte bei Patrick durch, um ihm meine Erlebnisse zu erzählen. Kaum hat er abgehoben, vernahm ich einen dumpfen Klatscher an der Wasseroberfläche. Ich konnte mich kaum auf das Gespräch konzentrieren, denn das Geräusch hörte sich nach einer Fischkategorie an, mit welcher ich an diesem Gewässer nicht rechnete. Sekunden später wieder. Diesmal konnte ich den Ort ungefähr ausmachen und ich sah Wasserbewegungen im Schein des Mondes. „Patrick, ich muss Schluss machen. Ich muss eine Rute umlegen“, waren meine letzten Worte bevor ich zügig Schnur einholte. Klatsch, da war es wieder. Diesmal konnte ich es klar und deutlich sehen. Inmitten des Sees sprang und rollte ein guter Fisch. Da das Werfen nicht unbedingt zu meinen Stärken zählt, musste ich mir wahrlich Mühe geben, um das Rig mit dem PVA Bag auf diese Distanz zu manövrieren. Doch ich schaffte es und verharrte der Dinge.

Ich starrte auf die Daiwa und betete insgeheim, den Fisch ans Band zu bekommen. Und es passierte. Minuten später stand ich mit krummer Rute am Ufer und konterte den wilden Fluchten des Fisches. Nach einem atemberaubenden Drill ergab er sich. Ein Freudenschrei ertönte durch den Wald, der wohl dem einen oder anderen Fuchs eine halbe Herzattacke bescherte. Ich hielt einen urigen Schuppenkarpfen in die Kamera und konnte mein Glück nicht fassen. Nach einigen Fotos gab ich dem Fisch mit zittrigen Händen die Freiheit zurück. Ich war zufrieden. Zufrieden mit den schönen kleinen Fische, die mir den Tag versüßten und zufrieden mit dem alten Schuppi! 



Beste Grüße,
Johannes"