Die meisten Leute feiern Weihnachten, weil die meisten Leute
Weihnachten feiern.
Kurt Tucholsky
Die besinnliche Zeit des Jahres rückte immer näher. An jeder
Ecke roch es nach Punsch und Glühwein und das schon seit Ende September. Jeden
Tag an dem ich durch die Straßen der Stadt ging, kam es mir vor als würden sich
die Leute mit Einkaufstaschen verdoppeln. Um von meiner Wohnungstüre zur U-Bahn
zu gelangen, musste erst ein Slalom zwischen den Menschenmassen absolviert werden
der selbst Benjamin Raich schwindlig gemacht hätte.
Er war da. Er war ohne jeglichen Zweifel da. Jedes Jahr
werde ich von dem Weihnachtstrubel förmlich erschlagen. Das Fest der Liebe war
nicht weit, doch auf den Straßen merkte man nichts davon. Mit jedem Türchen das
geöffnet wurde um ein Stück raffinierte Schokolade sein Eigen zu nennen, stieg
der Aggressionspegel der Menschenmassen an.
Fischen zu gehen, schien mir der einzig erdenkliche Ausweg dem
alljährlichen Konsumwahnsinn zu entrinnen. Der Plan war da, doch die Umsetzung
war mehr als schwierig. Die meisten Gewässer waren bereits von einer nicht zu
mageren Eisdecke verhüllt, sodass ich in den Süden ausweichen musste.
Mit klammen Fingern wurde ein Camp errichtet das für die
nächsten vier Tage meine Zufluchtsstätte sein sollte. Mit dem Schlauchboot am
Wasser um Spots zu suchen, bekam ich schon den ersten Dämpfer. Die
Wassertemperatur an der Oberfläche betrug 2°. Nicht nur dass meine beschuppten
Freunde bestimmt nicht in Beißlaune waren, sondern auch die Angst, dass die
weiße Pest in der Nacht die Oberhand gewinnen könnte und meine Schnüre dann in
einer Eisdecke stecken würden, bereitete mir Sorgen.
Nichtsdestotrotz wurden die Montagen abgelegt und die Ruten
für einen Biss justiert. Wenig, aber attraktives Futter in PVA-Bags mit kleinen
abgeschälten Boillies an Stiff-Rigs war die Taktik.
Die Tage vergingen, wie erwartet, ohne jegliche Aktion. Zu
Mittag lachte manchmal die Sonne vom Himmel, was die Bedingungen freundlicher
gestaltete. An der Weide über meinem Zelt machte ein Buntspecht auf sich
aufmerksam indem er ununterbrochen an der Rinde des Baumes hämmerte. Manchmal
kam es mir vor er machte dies aus Zynismus um mir die gesuchte Ruhe zu
zerstören und an den Weihnachtstrubel zu erinnern.
Die Tage waren kalt und klar. Die Nächte umso mehr. Man
konnte die Sonne am Horizont beobachten wie sie ihre Bahn zwischen einem Dunkel
zum nächsten zog.
Zumindest ich konnte mich bei den eisigen Nachttemperaturen
in mein beheiztes Zelt verkriechen, mein Boot musste allerdings die Kälte
ertragen und verfärbte sich vor Zorn weiß.
Keine Frage, um einen Fisch zu fangen war ich hier. Doch
manchmal geht man auch einfach des Fischens wegen fischen.
Frohe Weihnachten!