Freitag, 21. Dezember 2012

Weihnachten


Die meisten Leute feiern Weihnachten, weil die meisten Leute Weihnachten feiern.

Kurt Tucholsky


Die besinnliche Zeit des Jahres rückte immer näher. An jeder Ecke roch es nach Punsch und Glühwein und das schon seit Ende September. Jeden Tag an dem ich durch die Straßen der Stadt ging, kam es mir vor als würden sich die Leute mit Einkaufstaschen verdoppeln. Um von meiner Wohnungstüre zur U-Bahn zu gelangen, musste erst ein Slalom zwischen den Menschenmassen absolviert werden der selbst Benjamin Raich schwindlig gemacht hätte.

Er war da. Er war ohne jeglichen Zweifel da. Jedes Jahr werde ich von dem Weihnachtstrubel förmlich erschlagen. Das Fest der Liebe war nicht weit, doch auf den Straßen merkte man nichts davon. Mit jedem Türchen das geöffnet wurde um ein Stück raffinierte Schokolade sein Eigen zu nennen, stieg der Aggressionspegel der Menschenmassen an.

Fischen zu gehen, schien mir der einzig erdenkliche Ausweg dem alljährlichen Konsumwahnsinn zu entrinnen. Der Plan war da, doch die Umsetzung war mehr als schwierig. Die meisten Gewässer waren bereits von einer nicht zu mageren Eisdecke verhüllt, sodass ich in den Süden ausweichen musste. 

Mit klammen Fingern wurde ein Camp errichtet das für die nächsten vier Tage meine Zufluchtsstätte sein sollte. Mit dem Schlauchboot am Wasser um Spots zu suchen, bekam ich schon den ersten Dämpfer. Die Wassertemperatur an der Oberfläche betrug 2°. Nicht nur dass meine beschuppten Freunde bestimmt nicht in Beißlaune waren, sondern auch die Angst, dass die weiße Pest in der Nacht die Oberhand gewinnen könnte und meine Schnüre dann in einer Eisdecke stecken würden, bereitete mir Sorgen.



Nichtsdestotrotz wurden die Montagen abgelegt und die Ruten für einen Biss justiert. Wenig, aber attraktives Futter in PVA-Bags mit kleinen abgeschälten Boillies an Stiff-Rigs war die Taktik.



Die Tage vergingen, wie erwartet, ohne jegliche Aktion. Zu Mittag lachte manchmal die Sonne vom Himmel, was die Bedingungen freundlicher gestaltete. An der Weide über meinem Zelt machte ein Buntspecht auf sich aufmerksam indem er ununterbrochen an der Rinde des Baumes hämmerte. Manchmal kam es mir vor er machte dies aus Zynismus um mir die gesuchte Ruhe zu zerstören und an den Weihnachtstrubel zu erinnern.



Die Tage waren kalt und klar. Die Nächte umso mehr. Man konnte die Sonne am Horizont beobachten wie sie ihre Bahn zwischen einem Dunkel zum nächsten zog.



Zumindest ich konnte mich bei den eisigen Nachttemperaturen in mein beheiztes Zelt verkriechen, mein Boot musste allerdings die Kälte ertragen und verfärbte sich vor Zorn weiß.



Keine Frage, um einen Fisch zu fangen war ich hier. Doch manchmal geht man auch einfach des Fischens wegen fischen.

Frohe Weihnachten!