Dienstag, 8. Oktober 2013

Die Blätter fallen...

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmel ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

Rainer Maria Rilke


Dichte Dampfwolken steigen von der klaren Wasseroberfläche empor und unterstreichen meine Empfindungen. Ich blase in die heiße Teetasse und meine Brillengläser werden sofort undurchsichtig. Kaum wird meine Sicht wieder besser, erkenne ich einen Bieber welcher an einem Ast mit gefärbten Blättern nagt. Der Herbst ist da. Ich liebe seine trübe Stimmung. Sie ist intensiv und ehrlich. Am Wasser wird jeder Moment zu einem besonderen Bild, auf welchem Fehler nicht mehr korrigiert werden können. Und das ist gut so.



Alles geschieht mit größter Sorgfalt, Bedacht und Ruhe. Die Montagen werden an eine krautfreie Stelle befördert, an welcher im klaren Wasser viele zerbrochene Muschelschalen erkennbar waren. Eine melancholische Stimmung macht sich breit. Aber nicht im negativen Sinne. Sie benetzt damit die Umgebung und verleiht ihr einen anmutigen Schein. Die Luft wird kühl und ich sehe meinen Atem schweben.



Der letzte Schluck aus der Feldflasche wandert in meine Kanne. Ich rieche an dem Schwarztee und befördere meine Gedanken in eine fremde Welt. In eine Welt in der ich sein kann. Ohne Druck und ohne Hektik. Ich bin froh dass er da ist. Der Herbst. Gebannt von der abstrakten Mischung des grauen Nichts und der bunten Blätter, lasse ich die Zeit an mir vorübergehen. Ich schließe meine Augen und öffne sie erst bei Beginn der Dunkelheit. Alles ist kalt und nass. Doch die Front meines Brollys bleibt in der Tasche. Ich will ihn spüren, den Herbst. Ihn und seine Art die Natur zu gestalten.



Ich stehe in der dunklen Nacht und sehe die Reflexionen der grellen Lichter der Straße. Die Szenerie wirkt unwirklich. Ich greife ins kalte Wasser und öffne die Wiegeschlinge.

Da schwimmt er davon.

Mit größter Sorgfalt, Bedacht und Ruhe...



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