Mittwoch, 10. Juli 2013

Penner Stories

Es ist besser obdachlos als hoffnungslos zu sein.

Pavel Kosorin


Es ging schlag auf Schlag. Das Semester neigte sich dem hart erkämpften Ende und die Nächte am Wasser wurden wieder häufiger. Zwischen den letzten Prüfungen wurden Overnighter eingeplant um jede freie Minute am Wasser verbringen zu können.

Ende Juni begann mit einer Session die ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen hätte können. Ich plante einen längeren Ansitz, bei welchem ich von meinem Freund David begleitet wurde. Wir trafen uns beide an meinem Swim und legten erstmal die Ruten an vielversprechenden Spots ab. Bei einem kühlen Radler ließ es sich unter den schattigen Bäumen aushalten um den Uni-Stress zu vergessen.

Mit zunehmender Dunkelheit beschlossen auch Heerscharen von Gelsen an unserer Session teilzunehmen. Das Einatmen war kaum möglich, ohne ein paar Biestern das Leben zu nehmen. Um uns vor den Gelsen zu schützen wurden diverse Taktiken ausprobiert. Zuerst setzte ich mich ins Wasser und hielt den Kopf gerade so weit hinaus, dass das Einatmen noch möglich war. Eine effektive Methode um Gelsen vom Stechen abzuhalten, das Einschlafen gestaltete sich aber dementsprechend schwierig. Danach versuchten wir uns so viel wir mit hatten anzuziehen um uns danach in unsere Schlafsäcke einzuwickeln. Bei +30° natürlich keine optimale Lösung. Moskitonetze oder ähnliche Dinge mitzunehmen kam uns natürlich nicht in den Sinn.

Als wir um drei in der Früh noch immer keinen Schlaf fanden, verankerten wir unsere Boote ein paar Meter draußen im Freiwasser um Abstand zu dem Schilf, welches die Insekten liebten, zu gewinnen. Das half jedoch auch nur mäßig.Schließlich holten wir David´s Kajütboot aus dem nahe gelegenen Hafen um wenigstens ein paar Stunden Schlaf abzubekommen. Außer einem kleinen Spiegler konnten wir auch keine Fische überlisten.

Kaum ging die Sonne auf wurde ich auch schon von meinem Receiver geweckt. Bei Spiegelglatter Wasseroberfläche machen Drills vom Boot einen riesen Spaß. Ich konnte die breite Flanke des Fisches bei jeder Bewegung beobachten. Ein prächtiger Fisch wurde fotografiert um kurz darauf wider released zu werden.

David musste sich leider wieder auf den Nachhauseweg machen da er noch einiges für die Uni zu tun hatte. Ich plante zwei weitere Nächte ein in denen es Schlag auf Schlag ging. Nicht nur die Tatsache dass ich einen 20+ Spielger fangen konnte, welcher heuer noch auf meiner Wunschliste fehlte, machte mich glücklich, sondern auch, dass mir noch etliche tolle Fische einen Besuch abstatteten. So viele gute Fische in wenigen Nächten ist wirklich eine Besonderheit.







Ich dürfte wohl alles richtig gemacht haben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen sein. Vor allem der letzte urige Spiegler der Session hatte es mir angetan. Ein alter, grauer Fisch mit unzähligen Perlschuppen versüßte mir mein anglerisches Dasein und ließ mich einige Zeit auf einer Wolke aus Glück dahinschweben.

Zeiten wie diese muss man ausnutzen, dachte ich mir und vereinbarte kurze Zeit später einen neuen Termin mit Dave. Um den Gelsen zu entkommen, entschieden wir uns für seinen Swim, da er etwas exponierter lag und der Wind die Moskitos in Schah halten sollte.

Diesmal dürfte sich jedoch das Blatt des Glückes gewendet haben. Am Hafen angekommen musste ich feststellen, dass die Plane meines Bootes nicht ordentlich verzurrt war und der Regen der letzten Tage einen Stausee zwischen den Schiffswänden entstehen ließ. Das wäre weiters nicht schlimm gewesen, hätten sich nicht mein Bedchair, der Schlafsack und eine kleine Box voll Tackle darin befunden. Zuerst wurde ausgeschöpft um danach meine Sachen in der nicht vorhandenen Sonne zu trocknen. David konnte schon einige schöne Fische landen, was mich zuversichtlich stimmte. Ich nahm mein nasses Tackle, montierte die Ruten und warf sie un Krautlöcher direkt vor dem Swim. Danch machte ich mich auf den Weg über die Steinpackungen um die Backleads einzuhängen. Der letzte Stein war jedoch nicht gerade der trittsicherste und schenkte mir eine gratis Eintrittskarte für einen Schwimmgang in den Fluten. Natürlich hatte ich kein Reservegewand dabei, was bei einem Temperatursturz von über 10°c keine kluge Entscheidung war. Und so saß ich da, fror mir den Sack ab und wollte meinem Körper einen letzten Hauch von Leben einflößen und kochte mir eine Suppe. Ich warf den Gaskocher an und David und ich wärmten uns ein einfaches Dosengericht. Kaum bruzelte es, konnte ich schrille Stimmen aus der Richtung der oberhalb verlaufenden Brücke hören. Ich blickte hinauf und konnte zwei solarium-braune Teenager-Girls sehen welche mit dem Finger auf uns zeigten. "Schau Jacqueline, da unten sind zwei Penner", sagte die nicht besonders gebildet wirkende Dame zu ihrere Begleitung. Mehr als einen leisen Lacher konnte ich aber nicht mehr entgegenhalten, das Unglück der letzten Stunden hatte meinen Kampfgeist einfach zu enorm geschwächt.

Die Krönung war ein Wurf in der Nacht, welcher auf einen Biss, logischerweise verlor ich den Fisch im Kraut, folgte. Ich ließ die Schnur zu spät aus meinem Zeigefinger aus, sodass diese wie eine Bandsäge tief ins Fleisch schnitt. Schlimmer konnte es bestimmt nicht werden. Doch ich durfte mich nicht beschweren. Nach der vorhergehenden Session war es klar, dass es nicht so weitergehen konnte. Doch so brutal auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt zu werden ist hart. Sogar sehr hart!


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